Im Umgang miteinander ist es oft notwendig, einen Schritt zurück zu treten und gute Fragen aus der Beobachterrolle heraus zu stellen, anstatt nach vorne zu gehen und Dich zu präsentieren. „Wer fragt, der führt.“ Das sagt sich so leicht. Ob Fragen zu einem qualitativ guten Ergebnis führen, hängt von der Qualität der Fragen und dem Einfühlungsvermögen des Fragenden ab. Also ist es doch nicht so einfach, mit Fragen zu führen?
Es reicht nicht, ein Buch zu lesen oder einen Fragenkatalog auswendig zu lernen. Üben steht an erster Stelle! Du brauchst die alltägliche Erfahrung damit und die eigene Selbstreflexion Deiner Fragequalität. Wichtig ist vor allem, dass Du Dir bewusst machst, welches Ziel Du gerade erreichen möchtest und die Frage darauf abgestimmt ist.
Gerade zu Beginn eines Gespräches stehen manchmal nicht die faktischen Fragen im Vordergrund, sondern die Würdigung des Gegenübers und das Bekunden von Interesse. Zielführende und gleichzeitig respektvolle Fragen sollten sich treffsicher anschließen. Das braucht Training und Fingerspitzengefühl. Allein schon dadurch, dass Du unterschiedliche Rollen in Deinem Leben verkörperst, ist Flexibilität und Vielseitigkeit gefragt: Vorgesetzter, Fachkraft, Manager, Unternehmer, Mitarbeiter, Vorbild, Selbstständige, Ehepartner, Partner, Mutter, Vater, Freundin, Freund, Sohn, Tochter….
Warum führen Fragen nicht zu guten Ergebnissen?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es bestimmte Ursachen dafür gibt, warum Fragen nicht zu einem konstruktiven oder nachhaltigen Ergebnis führen:
• Die Perspektive des Gegenübers wird nicht wirklich eingenommen bzw. als „falsch“ interpretiert.
• Die richtige Mischung aus Ergebnis- und Menschenorientierung wird nicht gefunden.
• Fragen werden unter Zeitdruck und zwischen Tür und Angel gestellt.
• Wichtige Gespräche werden nicht gut vorbereitet.
• Zuhören gleicht eher einem oberflächlichen Hinhören- man ist mit seinen eigenen Urteilen und Gedanken beschäftigt.
Natürlich werden wir im Alltag immer wieder in Situationen geraten, in denen wir keine Vorbereitungszeit haben und spontane Fragen stellen müssen. Hier eignen sich besonders Fragen, die einen Rahmen abstecken, der Menschen hilft, sich zu orientieren.
• Zielfragen (Was willst du erreichen/Was ist Deine Idee oder Dein Plan/Was ist der Kern, um den es geht?
• Was ist Dein Bedürfnis/Wunsch?
• Handlungsfragen (Was ist zu tun/ Was ist der erste oder nächste Schritt/ Wie gehst Du vor?)
• Gefühlsfragen (Wie geht es Dir damit/ was geht in Dir vor/Was fühlst Du?)
In manchen Situationen ist es notwendig, ein ausführliches Gespräch zu führen und darin wertvolle, wirksame Fragen zu integrieren. So hast Du die Möglichkeit, das Gespräch und die Aufmerksamkeit Deines Gegenübers zu lenken, für Dich wesentliche Informationen zu gewinnen und einen Perspektivwechsel bei Deinem Gesprächspartner herbeizuführen.
Hier einige Beispiele für Fragen:
Gesprächsbeginn
Was soll heute geschehen, damit Du zufrieden aus dem Gespräch gehst?
Vorausgesetzt, dieses Gespräch wird sich für Dich als hilfreich erweisen – woran wirst Du das erkennen?
Was müsste ich tun, damit unser Gespräch ein Erfolg/Misserfolg wird?
Was sind wesentliche Punkte, die wir heute klären/ansprechen sollen?
Was kann ich tun, damit ich Dich durch dieses Gespräch unterstützen kann?
Fragen zum Problem
Wie würdest Du das Problem beschreiben? Wie Kollegen/Kunden/Außenstehende/Freunde?
Wann / wann nicht / seit wann / in welcher Intensität / wo / wo nicht zeigt sich das Problem?
Wer ist daran beteiligt? Wirkt sich das Problem auf alle gleich stark aus?
Gab es schon ähnliche Probleme? Was waren die Auswirkungen?
Fragen zu Lösung
Woran würdest Du bemerken, dass das Problem gelöst ist?
Wie kann es Dir gelingen, dass XXXX das Projekt unterstützt?
Was müsste sich ändern, damit Dein Problem gelöst wäre? Wer könnte dazu beitragen und wodurch?
Was würde den größten Fortschritt erzielen? Was ist das größte Hindernis?
Was wäre das erste Zeichen dafür, dass sich etwas ändert?
Was für Erwartungen hast Du?
Wer hat einen Nutzen davon, wenn das Problem weiterhin besteht? Was ist Dein Nutzen, wenn das Problem nicht gelöst ist?
Was ist bisher gelaufen? Was wurde bisher unternommen?
Was noch nicht?
Was hat in ähnlichen Situationen geholfen? Was nicht?
Konkretisierungsfragen
Woran merkst Du konkret, dass das Problem gelöst ist?
Wie willst Du genau vorgehen (Ablauf/ Inhalt)?
Was hast Du heute/bis Ende der Woche vor?
Was ist Dein Einflussbereich und was nicht?
Kannst Du ein konkretes Beispiel nennen?
Kannst Du diese Aussage noch einmal genau beschreiben? Was meinst Du damit konkret?
Liegt das Problem auf der Sach-oder Beziehungsebene?
Verschlimmerungsfragen/Provokationsfragen
Diese Fragen sollen nicht tatsächlich verschlimmern, sondern Verdrängtes ans Licht holen.
Was kannst Du tun, um das Problem zu verschlimmern, zu behalten, zu chronifizieren?
Was muss passieren, damit das Projekt scheitert/ein Misserfolg wird? Was geschieht dann?
Was ist das Schlimmste, was geschehen könnte?
Wovor hast Du am meisten Angst?
Worüber redest Du nicht gerne/schämst Dich/willst du nicht wahrhaben?
Skalierungsfragen
Wie belastend ist das Problem auf einer Skala von ….bis…? Ab welcher Punktzahl könntest Du mit dem Problem leben, auch, wenn es nicht vollkommen gelöst ist?
Was stört Dich am meisten, am wenigsten?
Wie viel Prozent glaubst Du an den Erfolg/Misserfolg dieser Maßnahme?
Wie würdest Du Deine Leistung selbst einschätzen (Schulnote/Skala)?
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass XXXX eintritt (Prozent)?
Wie sehr glaubst Du an Deine Fähigkeiten in dieser Situation (Skala/Prozent)?
Was sind Vorteile und Nachteile? Was überwiegt?
Gesprächsende
Was geht jetzt in Dir vor?
Was nimmst Du mit? Was waren die wesentlichen Punkte oder Einsichten für Dich?
Was war besonders hilfreich?
Was ist noch offen?
Was tust Du als erstes nach dem Gespräch?
Sicherlich fallen Dir noch weitere Fragen ein. Vielleicht erstellst du Dir selbst eine Übersicht von wichtigen Fragen, die Du gerne anwenden möchtest.
Ich freue mich, wenn ich Dir einige Anregungen geben konnte.